Ich lese täglich, dass sich die Gesellschaft ändern würde und wüsste doch nicht, wie ich das verstehen soll. Ich verstehe ja nicht einmal, was sich für mich ändert, wenn ich mit Maske einkaufe und meine Bestellung laut ausrufe, weil meine Lippenbewegungen nicht mehr gelesen werden können, die Serviceperson auch nicht sehen kann, ob ich lächle oder meine Mundwinkel nach unten ziehe. Also gestikuliere ich, zeige auf Waren, signalisiere Daumen nach oben, nicke oder verneine mit Kopfbewegungen etc.. Genauso, wie ich es in einem Land tue, dessen Landessprache ich nicht beherrsche. In einem Land, in dem ich mich fremd fühle.
Nuancen bringen Vertrautheit, fördern Aufmerksamkeit, große Gesten signalisieren, suggerieren Sicherheit. Und diese Suggestionen waren lange vor unserer lieben Corona-Krise, die Geschichte ist voll großer Gesten, manche sagen, Geschichte sei eine Sammlung großer Gesten, garniert mit Jahreszahlen. Ich zähle die Jahre und bemerkte, wie die Rücklichter der Kraftfahrzeuge immer größer und heller wurden, Straßenbemalungen, Hinweisschilder, Warntafeln, Werbeflächen vermehrt und besser sichtbar. Auch dadurch fühle ich mich immer sicherer, wenn auch etwas verwirrt, doch sehr gut informiert, in-formiert, in Form gebracht, in eine Form gebracht. Wie mein durchtrainierter Körper, für den jede große Geste eine willkommene kleine Trainingseinheit darstellt.
Da hat er wieder einmal beobachtet, der Herr, na dafür hätten wir ihn nicht studieren lassen müssen. Aber nett geschrieben, das schon.